Vorschriften für Bio-Kost

Ist Bio-Kost vom Discounter wirklich Bio?

Karotten, das Kilo für einen Euro, die Gurke für 79 Cent und der Liter Milch für 89 Cent: Bei solchen Billig-Biopreisen stellt sich die Frage, ob es sich dabei wirklich um echte Bio-Produkte handelt. Tatsache ist, dass auch Billig-Bio die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung erfüllt. Die Produkte werden also ohne synthetische Dünge- und Spritzmittel erzeugt, in verarbeiteten Produkten sind nur wenige Zusatzstoffe erlaubt. Schweinen, Rindern und Hühnern wird im Stall und im Freien mehr Platz gewährt als herkömmlichem Vieh, sie erhalten Bio-Futter und sind frei von Gentechnik.

Dennoch haben preiswerte Bio-Waren vom Discounter und aus dem Supermarkt oft eine andere Qualität als das, was man im Naturkostfachgeschäft und in einem Bio-Supermarkt kauft. Denn sie erfüllen nur die Mindestanforderungen der EU-Öko-Verordnung. Bio-Produkte aus Fachgeschäften und Öko-Supermärkten müssen darüber hinaus auch oft noch den Kriterien eines Anbauverbandes wie Demeter, Bioland oder Naturland entsprechen. Das schmeckt man und das zeigen die “inneren Werte” der Produkte. Meistens. Denn so, wie es sehr gute und sehr schlechte Bio-Discount-Ware gibt so kann auch Öko-Kost aus dem Bio-Supermarkt glänzen oder zu wünschen übrig lassen. Bio-Food-Tester hilft Ihnen durch qualifizierte Produkttests, gute Ware von schlechter Qualität zu unterscheiden. Kontakt

Wichtigster Unterschied zwischen den Vorgaben der Bio-Verbände und der EU-Öko-Vorschriften ist die Landwirtschaft im Allgemeinen. Die EG-Öko-Vorschriften erlauben, dass auf einem Hof gleichzeitig biologische wie auch konventionelle Landwirtschaft betrieben wird. Die Bio-Verbände lehnen dies konsequent ab. Die Gefahr, dass es zu Vermischungen zwischen Bio-Produkten und konventionellen Lebensmitteln kommt, sei zu groß, heißt es. Auch ist es beim Nebeneinander von Beiden kaum möglich, eine biologische Kreislaufwirtschaft zu praktizieren. Weitere Unterschiede betreffen den Anbau. Den Öko-Landwirten, die nur nach EU-Öko-Vorgaben arbeiten, ist es unter bestimmten Bedingungen erlaubt, ihre Felder mit Gülle aus konventionellen Ställen zu düngen. Bei den Mitgliedern der Anbauverbände ist dies komplett tabu. Denn die herkömmliche Gülle kann Rückstände von Antibiotika enthalten. Und die kann via Dünger in das Getreide oder Gemüse gelangen. Dem Futter der nach EU-Öko-Standard gehaltenen Tiere können Zusätze beigemischt werden, etwa Spurenelemente wie Eisen, Selen oder Jod. Der Silage können auch Konservierungsstoffe wie Propion- und Ameisensäure zugesetzt werden. Im traditionellen Bio-Landbau ist dies nicht erlaubt. Nicht zuletzt arbeiten die “Bio-Pioniere” bei der Herstellung von verarbeiteten Produkten mit weniger Zusatzstoffen. Die EU erlaubt rund 50 verschiedene Stoffe. Bei Bioland sind es 21 Zusätze, bei Demeter sogar nur 13 Zusatzstoffe.

 

Alles, was Rechtens ist

Supermärkte, Discounter Bioläden und Öko-Supermärkte, alle bieten Bio-Kost an. Bei der Fülle und auch bei den teils sehr geringen Preisen stellt sich die Frage, ob überhaupt Bio drin ist wo es drauf steht. Die eindeutige Antwort heißt »Ja«. Denn seit 1993 gibt es die »Verordnung (EWG) Nummer 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel«. Sie wurde 1991 beschlossen, mehrfach erweitert und schaffte erstmals einheitliche Vorgaben für Bio-Produkte; Bio-Schwindel wurde ein Riegel vorgeschoben. Die Vorschriften stellen zwar nur Mindestanforderungen an den ökologischen Landbau, die biologische Tierhaltung und Verarbeitung, werden aber von Verbraucherschützern, Anbau- und Umweltverbänden als wichtige Grundlage zum Schutz vor Bio-Schwindel angesehen. Die EU-Verordnung für den ökologischen Landbau gilt verbindlich für alle EU-Staaten und regelt auch, welche Bedingungen Bio-Kost aus anderen Ländern erfüllen muss, die zu uns ins Land kommt.

 

Vorschriften für Bio-Gemüse, -Obst und -Getreide

Nach der sogenannten EG-Öko-Verordnung darf sich ein Produkt nur mit dem Wörtchen »Öko« oder »Bio« schmücken, wenn es bestimmte Bedingungen erfüllt. In den Vorschriften wird aufgezählt, dass Gemüse und Obst nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus angebaut werden müssen, welche Sorten bevorzugt werden sollen und welche Pflanzen als Bodenverbesserer sinnvoll sind. Es gibt auch eine Liste, auf der die erlaubten Dünge- und Pflanzenschutzmittel stehen sowie Vorgaben für Zusätze und Hilfsstoffe in verarbeiteten Lebensmitteln, Getränken und Wein. Alles, was nicht im Anhang zur EU-Bio-Verordnung steht, ist tabu. Nicht zuletzt schreibt die Verordnung auch fest, dass Gentechnik sowohl beim Anbau der Pflanzen als auch bei der Weiterverarbeitung zu Lebensmitteln verboten ist. Gentechnik ist in jeder Form untersagt.
Vorschriften für Bio-Fleisch

Für die Tieraufzucht existieren seit 1999 eigene Vorgaben. Sie sind in der Verordnung 1804/1999/EG festgehalten und gelten seit dem Jahr 2000. Sie beschreiben etwa die Größe der Ställe und der Auslaufflächen. Die Tierrassen sollen entsprechend der vorhandenen Umweltbedingungen ausgewählt werden und möglichst robust und vital sein. Es soll Tieren der Vorzug gegeben werden, die wenig stressanfällig sind und nicht gleich nervös werden, wenn es im Transporter zum Schlachthof geht. Kälbchen sollten Muttermilch trinken oder natürliche Milch erhalten. Im Krankheitsfall müssen die Tiere mit pflanzlichen und homöopathischen Mitteln behandelt werden. Ist der Erkrankung mit sanften Mitteln nicht beizukommen, dürfen auch übliche Medikamente oder Antibiotika verwendet werden. Die Wartezeit zwischen der letzten Medikamentengabe und der Schlachtung ist aber doppelt so lang wie sonst üblich. Werden mehr als zwei Antibiotikabehandlungen im Jahr durchgeführt bzw. mehr als eine bei Tieren, die kürzer als ein Jahr leben, dürfen Fleisch und Wurst gar nicht mehr als »Bio« vermarktet werden.

 

Vorschriften für Öko-Fisch

Erst knapp zehn Jahre nach Verabschiedung der Bio-Vorgaben für Pflanzen und Tiere wurden die Vorschriften für Meerestiere festgezurrt. Seit Juli 2010 gibt es nun einheitliche EU-Vorgaben für Bio-Fisch. Sie schließen Meeresfrüchte wie Shrimps und Muscheln mit ein. Die Meere sind überfischt, darum kann es sinnvoll sein, bedrohte Fischarten in so genannten Aquakulturen zu kultivieren. Das sind Fischfarmen, in denen zum Beispiel Lachs, Saibling, Wolfsbarsch, Kabeljau und Pangasius gehalten werden. Die Vorschriften machen unter anderem Vorgaben zur Besatzdichte, also zur Anzahl der Tiere je Kubikmeter. Das ist wichtig, damit sich Fische frei bewegen können und sich eventuelle Krankheiten nicht so leicht ausbreiten. Die Fische dürfen nicht mit Hilfe künstlicher Hormone zum Laichen gebracht werden. Das Fischfutter für Pflanzenfresser sollte Bio sein, Fleisch fressende Fische müssen mit ökologisch oder nachhaltig erzeugtem Fisch gefüttert werden oder, wenn dies nicht erhältlich ist, Reste aus der Fischverarbeitung erhalten. Allerdings dürfen dies nur bis zu 30 Prozent der Tagesration sein. Im Krankheitsfall ist pflanzlichen und homöopathischen Medikamenten der Vorzug zu geben. Reicht deren Wirkung nicht, sind allopathische Mittel erlaubt, jedoch nur bis zu zwei Anwendungen im Jahr. Bevor die Tiere in den Handel kommen müssen entsprechende Abbauzeiten eingehalten werden.

Die europäischen Vorschriftenfür für Fisch haben einen Makel. Sie erlauben, was auch auf Bauernhöfen möglich ist: dass in einer Fischfarm sowohl konventionelle Fische als auch Bio-Fisch gehalten werden dürfen. Zwar muss es eine klare Trennung geben, um die Vermischung zu vermeiden. Doch es besteht die Gefahr, dass versehentlich konventionelles Futter im Bio-Becken landet, Medikamente in den falschen Teich geraten oder herkömmliche Shrimps versehentlich als Öko-Ware zum Verkauf gelangen.

 

Vorschriften für Bio-Wein

Lange Zeit musste man beim Einkauf genau hingucken, um einen echten Öko-Wein zu erstehen. Stand auf der Flasche „Wein aus Trauben aus ökologischem Weinbau“ handelte es sich nämlich nicht um einen vollwertigen Bio-Wein, sondern allein die Trauben waren „Öko“. Die Herstellung im Weinkeller konnte mit konventionellen Verfahren und Zusätzen erfolgen. Allein die Mitglieder des Bioverbands Ecovin erfüllen seit langem strenge Vorgaben auch bei der Weinbereitung.

Seit der Traubenernte 2012 gelten nun die neuen europäischen Vorschriften für Öko-Weine. Sie schreiben nicht nur ökologisch erzeugte Trauben vor, sondern erlauben auch nur eine beschränkte Palette von Zusatzstoffen im Weinkeller. Gentechnisch veränderte Hefen sind ebenso wenig erlaubt wie der Zusatz von Sorbinsäure zur Haltbarmachung. Der Zusatz an Schwefel, der manchen Menschen Kopfschmerzen erzeugt, ist zur Konservierung zwar erlaubt, jedoch in geringerer Menge als bei konventionellen Weinen. Sie beträgt rund ein Drittel des üblichen Wertes. Weine, die vor 2012 erzeugt wurden, dürfen noch in der bisherigen Qualität verkauft werden, tragen aber wie bisher auch nur den Hinweis auf die Verwendung von Öko-Trauben. Die konsequente Weinherstellung lohnt sich. Der Genussführer „Gault Millau“ prämiert regelmäßig Weine aus konsequent biologischer Erzeugung. Viele kommen aus Deutschland.

 

Achtung: diese Angaben wurden aktualisiert 2/2013