Biofach 2015 in Nürnberg: Ohne Gluten, aber mit Schnecken

Neuheitenstand, Best New Product Award

Wer soll das alles essen? Mehrere 1000 neue Bio-Produkte. Foto: Biofach

Einige Tage vor der Biofachmesse, die 2015 zum 25. Mal stattfindet, hat sich Bio-Food-Tester auf den virtuellen Rundgang begeben und schon mal das Angebot gecheckt. Natürlich wird von vielen Firmen noch nicht verraten, was genau sie zur Messe mitbringen. Jedoch gibt es Trends, die sich schon im Vorfeld abzeichnen.

Einer ist der zu Lebensmitteln, die etwas nicht enthalten, was bisher drin war. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Es geht um Produkte „ohne“ z.B. Gluten oder Laktose. „Free from ist das neue „porentief rein“, sagte vor einiger Zeit eine Bio-Ladeninhaberin einem Magazin. In Zeiten, in denen die Zutatenlisten immer länger werden und Etikettenschwindel alltäglich ist, sehnen sich Verbraucher nach „Reinheit und Transparenz“. So ist das immer größer werdende Angebot an free-from-Produkten zu erklären, das auch auf der Biofach 2015 in Nürnberg zu sehen ist. Diesmal gibt es sogar eine eigene Kategorie für „Free from“ Produkte, die prämiert werden. Von Lebensmitteln also, die ohne Gluten, Laktose, Weizen, Soja, Milch, Nuss, Ei oder Hefe sind.

Das ist erst einmal gut für die Menschen, die keinen Milchzucker vertragen und sich über die Laktosefreie Milch freuen. Und für alle, die unter Zöliakie leiden und nun bei Brot, Kuchen und Keksen aus dem Vollen schöpfen können – ohne Nebenwirkungen wie Durchfall und Bauchschmerzen befürchten zu müssen. Ob die Produkte aber auch denjenigen nützen, die sich nach „porentief reiner“ Nahrung sehnen, sei dahingestellt. Wer Butter wegen der Laktose meidet und zur Laktosefreien Butter greift, wird sich kaum anders fühlen. Denn Butter enthält naturgemäß wenig Laktose. Wer Weizen aus dem Weg gehen möchte und glutenfreies TK-Gemüse kauft, auch nicht. Denn Gemüse ist immer glutenfrei. Aber manche Hersteller, zumindest im konventionellen Bereich, flogen in Markttests der Verbraucherzentrale Hamburg bereits auf. Sie wissen die Nachfrage nach „free from“ zu nutzen.

Der Trend zu free-from-Produkten ist ein Markt, der den Herstellern erfreuliche Zuwachsraten beschert. Aus dem konventionellen Handel ist bekannt, dass der Umsatz von Gluten-freiem Brot, Kuchen, Gebäck und Müsli, von Backmischungen, Nudeln, Fertiggerichten und Tiefkühlkost ohne Gluten sich in den vergangene Jahren verdoppelt hat auf heute etwa 60 Millionen Euro jährlich. Tendenz: weiter steigend.

Das ist nicht weiter verwerflich, sofern mit offenen Karten gespielt wird. Das heißt erstens: ehrliche Produkte. Das glutenfreie TK-Gemüse ist es nicht, die Laktosefreie Milch schon. Das heißt zweitens auch: ehrliche Deklaration. So ist es technologisch in manchen Produktbereichen nicht möglich, einfach alles Mögliche wegzulassen, eben Weizen, Milch, Ei, Hefe oder Nuss. Die Produkte würden nicht so schön aussehen, nicht wie gewohnt schmecken und überhaupt, wenig Akzeptanz finden. Es müssen also neue Rezepturen her – und damit einher gehen oft auch Zusatzstoffe. Während ein Weizenbrot einfach aus Mehl, Wasser, Salz und Hefe gebacken wird, muss das Glutenfreie Brot aus z.B. Reis und Mais mangels Klebereiweiß Unterstützung durch Bindemittel bekommen, also z.B. durch Johannisbrotkernmehl und Xanthan. So sind zwei, drei Bindemittel im glutenfreien Brot üblich. Zusatzstoffe, die zwar (wohl) nicht weiter bedenklich sind, aber eben auch nicht die Erwartung der Verbraucher an „porentief rein“ erfüllen. Doch das wird nicht auf dem Etikett kommuniziert. Da steht dann nicht: „Ohne Gluten“, aber „mit verschiedenen Dickungsmitteln“. Denn das kommt auch nicht gut, eben weil es nicht porentief rein wirkt. Es wäre aber ehrlich.

Bio-Food-Tester wird den Trend zu free- from-Produkten weiter im Blick haben. Denn er bietet die Chance, wirklich ehrliche, einfache und gute Lebensmittel mit wenigen Zutaten zu entwickeln und anzubieten. Innovative Verfahren ermöglichen da oft auch den kompletten Verzicht auf Zusatzstoffe. Ein Beispiel für eine Mayonnaise haben wir kürzlich vorgestellt. An der ehrlichen Deklaration „100 % ohne Zusatzstoffe“ ist sie zu erkennen.

Ein weiterer Trend der Messe, den wir uns genauer angucken werden, ist das zunehmende Angebot an Bio-Kindernahrung. Gläschen waren gestern. Babynahrung kommt jetzt auch als Tiefkühlkost – ein Produkt von Babyviduals hatten wir bereits bewertetet. Daneben gibt es nun auch gekühlte Produkte, Herzhaftes im Stand- und Quetschbeutel und, wie gehabt, Instantbreie zum Anrühren, aber mit neuer Rezeptur, z.B. mit tropischen Früchten.

Der virtuelle Messerundgang zeigt, dass immer mehr konventionelle Anbieter in den Biomarkt drängen. Nach den Deutschen Sisi-Werken, Anbieter der bekannten Capri-Sonne, die mit Bioschorly in neuer Verpackung parat stehen und nun auch Obst im Quetschbeutel dabei haben werden, versucht Christinen Brunnen (Gehring-Bunte Getränke) mit zwei Kräuter-Limos Fuß zu fassen.

Gegessen, so dachten wir, sei hingegen ein weiteres Produkt, das zur Messe kommt: Schnecken. Kein konventioneller Supermarkt bietet sie mehr an. Wer sie essen möchte, muss in ein teures Restaurant gehen oder nach Frankreich fahren. Ausgerechnet zur Biomesse bringt nun eine katalanische Firma Schnecken mit. Selbstverständlich aus biologischer Aufzucht und alles 100 % natürlich. Angeboten im Twist-off-Glas. Auch hierauf wird Bio-Food-Tester einen Blick werfen.